Blog | 02.07.2024
Marjánka: Volkskultur und Sprachpflege auf spielerische Art und Weise

Autoren des Artikels: die Mitglieder des Vereins Karla Zemanová, Martina Canova und Helena Stella Kramářová in Zusammenarbeit mit der Redakteurin der Zeitung Wiener Freie Blätter Ladislava Baxant-Cejnar
In der letzten Ausgabe der Zeitung Wiener Freie Blätter (Nr.25-27/2024) hatten die Leserinnen und Leser die Möglichkeit, mehr über die Aktivitäten des Vereins Marjánka zu erfahren. In Fortsetzung des dreißigjährigen Jubiläums der Gründung des Beirats werden hier seit Anfang des Jahres Interviews veröffentlicht, in denen die verschiedenen Volksgruppenvereine der Reihe nach vorgestellt werden. Die Interviews mit ihren führenden Vertretern werden von Ladislava Baxant-Cejnar, Redakteurin der Wiener Freien Blätter, geführt. Für die Marjánka nahm Karla Zemanová, Vizepräsidentin der Marjánka, an dem Interview teil. Der Text in der Zeitung wurde in gekürzter Form abgedruckt, daher präsentieren wir hier im Blog die vollständige Version.
♦ ♦ ♦
Berühmter Slogan von J. A. Komenský "Schule durch Spiel" könnte auf "Schule durch Spiel, Tanz und Musik" erweitert werden. Welche Idee verfolgen Sie mit Ihren Aktivitäten und gelingt es Ihnen, sie zu verwirklichen?
Der Verein Marjánka versucht, den hier lebenden Landsleuten ein Stück tschechischer und slowakischer Kultur, Folklore und Volkslieder anzubieten und diesen gemeinsamen Reichtum auch anderen in Wien lebenden Mitbürgern zu vermitteln. Unsere Tätigkeit hat zwei Linien: Folklore, mit Gruppen für Kinder und Erwachsene, und einen Aktivitätsklub, wo alles außerhalb der Folklore stattfindet. Die ursprüngliche Idee war es, die nationale Kultur in Form von Reimen, Liedern, Musik und Tanz zu pflegen und den Kindern tschechische und slowakische Volksbräuche zu vermitteln – so organisieren wir zum Beispiel gemeinsam einen Faschings- oder Maskenball, stricken zu Ostern Pomlázky und begrüßen im Dezember den Nikolaus oder backen und verzieren Lebkuchenhäuser. Die Kinder erweitern ihre Sprachkenntnisse und entwickeln eine emotionale Beziehung zur Sprache und zu nationalen Bräuchen.
Wie haben Sie angefangen und wo steht Marjanka jetzt?
Der Grundstein für die Folkloregruppe wurde 2011 gelegt, als Martina Canova und Květa Apolin beschlossen, einen Freizeitclub für Kinder aus dem Kindergarten des Schulvereins Komenský zu gründen. Die Zahl der Kinder wuchs allmählich und mit der Zeit kamen auch Erwachsene und Musiker hinzu. Im Jahr 2019 wurde die Gruppe zu einem eigenständigen Verein mit dem Namen Tanz-, Musik- und Sprachverein Marjánka. Heute sind in dem Folkloreensemble alle Altersgruppen vertreten. Es gibt zwei Vorbereitungsgruppen für Kinder (Srdíčko und Srdiečko), sowie Gruppen für jüngere Schüler, ältere Schüler, Jugendliche und Kinderzymbalmusik. Die Erwachsenen haben ihre eigene Tanzgruppe mit Zymbalmusik. Jede Gruppe besteht aus etwa sechs bis zwanzig Kindern und 25 Erwachsenen einschließlich der Musiker. Insgesamt sind derzeit 75 Tänzer, Sänger und Musiker an den Aktivitäten des Folkloreensembles beteiligt. Darüber hinaus gibt es einen Freizeitclub, der regelmäßig Workshops für traditionelle Kunst, Tanzabende, Ausflüge in die Natur, Besuche wichtiger kultureller Stätten und andere Aktivitäten für Landsleute organisiert.
Jede Gruppe wird von jemandem geleitet, der Verein hat einen Freizeitclub, tritt oft öffentlich auf, und all das ist eine Menge Arbeit. Wer macht all das?
Wir haben eine sehr aktive Mitgliederbasis. Jeder hat ein Talent für etwas anderes und wir versuchen sicherzustellen, dass jeder die Möglichkeit hat, das zu tun, was ihn erfüllt. Das sind nicht nur Aktivitäten, die auf den ersten Blick sichtbar sind. Hinter den sieben regulären Aktivitätsleitern und dem Vorstand steht ein großes Team von Leuten, die für den reibungslosen Ablauf des Tagesgeschäfts sorgen (PR, Verwaltung der Website, Kommunikation mit den Eltern, Medienartikel, technische Unterstützung, Buchhaltung, Finanzen, Betreuung des Kostümfonds und mehr). Ich bin zum Beispiel für die Printmedien zuständig, insbesondere für die Erstellung des Redaktionsplans, die Kommunikation mit den Redakteuren der verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften und die Koordination der Veröffentlichung von Artikeln. Aktive Eltern von Kindern, die an Marjankas Aktivitäten teilnehmen, helfen oft bei der Planung von Veranstaltungen mit. Jeder, der eine Idee für eine Aktivität hat und bereit ist, seine Zeit und Energie darauf zu verwenden, kann zu unseren Aktivitäten beitragen. Die Unterstützung für den reibungslosen Ablauf des Vereins ist eine Verwaltungskraft, die Marjánka beschäftigt.
Sie betonen, dass Marjánka sowohl tschechisch als auch slowakisch ist. Wie sieht das in der Praxis aus?
Wir sind von Anfang an ein tschechisch-slowakischer Verein. Am Anfang war die tschechische Sprache zwar vorherrschend, aber heute ist das Verhältnis von Tschechisch und Slowakisch ausgeglichen. Unser Repertoire umfasst tschechische, mährische, schlesische und slowakische Lieder und Tänze. Für die Jüngsten haben wir eine parallele tschechische und slowakische Gruppe, damit die Kinder die Möglichkeit haben, in ihrer Muttersprache zu sprechen und zu singen.
Ändert sich die Mischung Ihrer Aktivitäten?
Unsere Aktivitäten entwickeln sich ständig weiter. Als sich unsere Folklorejugend zum Beispiel auf ihren ersten Ball vorbereitete, zeigte sie Interesse an Gesellschaftstänzen. Aus den ersten Tanzstunden entwickelten sich unsere heute regelmäßig stattfindenden tschechisch-slowakischen Tanzabende, an denen sowohl Jugendliche als auch Erwachsene teilnehmen. Gegenwärtig haben wir jedes Jahr zwei große Veranstaltungen, nämlich das Jahreskonzert, das regelmäßig im Mai im Theatersaal des Schulvereins Komenský stattfindet, und den Besuch des Festivals "Treffen unter dem Tanzberg" in Mikulov im April. Das Jahreskonzert ist organisatorisch am anspruchsvollsten, da dort alle Mitglieder des Folkloreensembles auftreten. Insgesamt sind die Aktivitäten des Vereins sehr komplex. Die Veranstaltungen, die wir organisieren, sind vielfältig und daher sehr abwechslungsreich. Die meisten von ihnen hängen von der Aktivität unserer Mitglieder und dem Interesse der Volksgruppe ab.
Wo sind sie überall tätig?
Noch haben wir keine eigenen Räume, daher müssen wir sie anmieten. Aber dank der guten Zusammenarbeit mit der Leitung zweier Orden und der finanziellen Unterstützung durch das Bundeskanzleramt können wir die Räumlichkeiten für regelmäßige Aktivitäten mieten. Das sind die Säle im Pfarrhaus der Kirche Maria am Gestade und das Pfarrhaus der Kreuzritter mit dem Roten Stern in der Kirche St. Karl von Boromea. Wir arbeiten auch mit der Verein " České srdce" zusammen, der uns zum Beispiel Räumlichkeiten für das jährliche Lebkuchenbacken zur Verfügung stellt. Unser Jahreskonzert veranstalten wir traditionell im Theatersaal des Schulvereins Komenský am Sebastianplatz.
Sie beschreiben gerade die Zusammenarbeit mit den tschechisch-wienerischen Vereinen. Gibt es auch weitere Kooperationen?
Wir sind offen für die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen und Institutionen und versuchen, gruppenübergreifende Projekte zu unterstützen, weil wir darin die Zukunft der Volksgruppe sehen. Der Schulverein Komenský war in den Anfängen unser Förderer, und obwohl wir nicht mehr an der Schule tätig sind, besteht die gute Zusammenarbeit weiter.
In der Zeit seit 2011 haben wir verschiedene Projekte durchgeführt: Auftritte im Rahmen von Besuchen wichtiger politischer Persönlichkeiten in der Komenský-Schule, Auftritte im Rahmen der Feierlichkeiten zum 150-jährigen Bestehen des Sokol, zum 100-jährigen Bestehen des Vereins "České srdce" und zum 111-jährigen Bestehen des Adria Tamburitza Vereins. Ich möchte auch die Zusammenarbeit mit den Vereinen "Vlastenecká omladina", Alumni-CZ-Austria, dem Kulturverein der Tschechen und Slowaken in Österreich, dem Slowakischen Schulverein SOVA und dem Österreichisch-Slowakischen Kulturverein und seinem Folkloreensemble Vinica erwähnen. Unterstützung finden wir auch bei der tschechischen Botschaft in Wien, wo wir bereits vier Auftritte absolviert haben, und beim Außenministerium der Tschechischen Republik, wo wir die Möglichkeit haben, finanzielle Unterstützung für einige unserer Projekte zu beantragen.
Wie kommunizieren Sie mit der Öffentlichkeit?
Unsere mehrsprachige Website bildet die Grundlage für unsere Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Darüber hinaus sind wir in sozialen Medien (Facebook, YouTube) und öffentlichen Medien aktiv. Dabei nutzen wir alle verfügbaren Medien, die in Österreich in tschechischer oder slowakischer Sprache zur Verfügung stehen. Wir haben aber auch ausländischen Einrichtungen Interviews gegeben, zum Beispiel dem Tschechischen Radio Brünn, dem Tschechischen Radio Prag oder dem Slowakischen Radio in Bratislava. In der Tschechischen Republik hat uns die Ethnologin Zita Skořepová in ihrem Buch "Musikalische Welten des tschechischen Wien" in ihre wissenschaftlichen Forschungen einbezogen.
Gibt es etwas, das Sie sich für die Zukunft wünschen?
Für das gute Funktionieren des Vereins sind eigene Einrichtungen unerlässlich. Zurzeit befindet sich der Sitz des Vereins noch in Niederösterreich, was völlig unzureichend ist. Wir möchten die Adresse des Vereins in Wien haben, da alle Aktivitäten dort stattfinden. Wir hätten gerne eigene Vereinsräumlichkeiten, in denen wir uns nicht nur zu Proben und Sitzungen treffen können, sondern auch Kostüme, Musikinstrumente, Requisiten und andere Utensilien für unsere Arbeit lagern können. Auch die Dokumentation des Vereins wird immer umfangreicher und muss an einem Ort verfügbar sein. Jede Woche besuchen durchschnittlich 140 Teilnehmer im Alter von 2 bis 87 Jahren, darunter auch Eltern, die ihre Kinder begleiten, unsere Aktivitäten. Unser Ziel ist es, ihnen allen ein möglichst angenehmes Umfeld zu bieten, damit sie gerne zu uns zurückkommen.